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Book review: Generative Gestaltung

February 14th, 2011 Leave a comment Go to comments

Fangen wir mit den harten Fakten an. Das Buch ist ziemlich großformatig und hat ein schönes stabiles Hardcover. Selten so ein gutes haptisches Erlebnis mit einem Fachbuch empfunden. Auch die verschiedenen Druck- und Papiermethoden in diesem Buch sind sehr gut ausgewählt. Die Projektsammlung ist im hochqualitativen Druck eingebunden, dagegen ist der normale Inhalt des Buches mit einem einfachen Farbdruck eingebunden. Die inhaltliche Struktur des Buches, das Buchdesign, selbst, sowie die zum Buch dazugehörige Website sind perfekt und sehr gut benutzbar umgesetzt. Ein durchaus 100% gelungenes Design und Konzept. Diese Qualität schlägt sich mit einer Preisspanne von 60-75 Euro ziemlich ins Budget nieder. Doch ist jeden Euro wert! Meine Begründungen folgen in einem Kapitel-basiertem Feedback und einem Schlussfazit:

Einführung Processing:
Die Einführung ist kurz und knapp geschrieben und bringt die Entwicklungsumgebung, sowie Processing ziemlich gut aus der Sichtweise eines Designers auf den Punkt.

Einführung Kapitel 1 - Farbe:
Anfänger werden hier mit sehr einfachen Codebeispielen zum Spielen mit Farbe animiert. Besonders die Abschnitte über das Arbeiten mit Farbpaletten ist sehr
gut umgesetzt.

Einführung Kapitel 2 - Form
Nach den einfachen Farbbeispielen geht es um die Erzeugung von Formen. Grundlegende Zeichnen Methoden werden erklärt (wann und wo soll das Gezeichnete
gelöscht werden). Besonders die Verwendung von Rasterlayouts, Agenten-basiertes Zeichnen, und „Zeichnen mit komplexen Modulen“ waren sehr inspirierend und sehr gut beschrieben.

Einführung Kapitel 3 – Typo:
Dieses Kapitel liefert ein solides Grundwissen über das gestalterische Arbeiten und Erzeugen von Typographie. Die mitgelieferten Klassen unterstützen zudem das Experimentieren (z.B. das Auflösen der Schriftkontur)

Einführung Kapitel 4 – Bild:
Liefert ein solides Anfangssortiment für das Arbeiten mit Bilddaten. Den Abschnitt über „Rückkopplung von Bildausschnitten“ fand ich persönlich nicht so interessant, dafür war der Abschnitt über das Generieren von Bildcollagen umso aufschlussreicher für mich. Auch der Abschnitt „Grafik aus Pixelwerten“ wird sich sicherlich in Zukunft als hilfreich erweisen.

Fazit zu den Einführungsteil:
Die Einführung ist sehr gut gelungen. Die Codebeispiele lassen sich sehr gut verstehen und auch erweitern. Es ist wirklich die beste Einführung, die ich bisher in diesem Bereich gelesen habe. So macht das Programmieren Lernen auch für Designer Spaß!

Fortgeschritten Kapitel 1 – Zufall und Rauschen:
Zufall und Rauschen sind zwei sehr einfach zu benutzende Werkzeuge in der Programmierung. Jedoch sorgen sie genau aus diesem Grund bei Anfängern immer wieder zu Verwirrung. Dieses Kapitel gibt eine sehr ausführliche Erläuterung welche Unterschiede zwischen diesen beiden Werkzeugen bestehen. Des weiteren erfolgen Tipps in welchen Kontext Rauschen und Zufall Sinn machen können. Für mich persönlich war dieses Kapitel mit der wertvollste Teil an diesem Buch.

Fortgeschritten Kapitel 2 – Schwingfiguren
Diese Kapitel erläutert die Erzeugung von Formen mit Hilfe von Sinus und Kosinus Funktionen. Diese Funktionen sind ein elementarer Bestandteil der visuellen Programmierung, daher ist die Behandlung in diesem Buch sehr gut gewählt. Die Erzeugung von Lissajous-Figuren als Codebeispiel können den ein oder anderen Designer ein wenig verwirren. Jedoch mit ein bisschen Grundlagenwissen in Mathe sollte es kein weiteres Problem sein (der mathematische Hintergrund wird in diesem Kapitel wiederholt 😉

Fortgeschritten Kapitel 3 – Formulierte Körper
Bisher wurden die meisten Beispiele im 2D Raum angewandt. Dieses Kapitel behandelt die Manipulation von Körpern im 3D-Raum. Von der grundlegenden 3D Darstellung geht es hin zu Erzeugung von komplexen 3D Körpern. Die Codebeispiele sind gute erklärt und auch hier lädt die hinzugefügte Mesh-Klasse zu weiteren Experimentieren ein.

Fortgeschritten Kapitel 4 – Attraktoren:
Das Arbeiten mit Kräften im 2D oder 3D Raum ähnelt sicherlich ein wenig dem Einstiegskapitel „Zeichnen mit Agenten“. Nur ist in diesem Kapitel der Agent starr und Kräfte von Außen wirken auf ihn ein. In diesem Kapitel werden erstmals physikalische Kräfte zum Generieren von Grafiken benutzt.  Dieses Kapitel hält sich nicht lange mit den theoretischen physikalischen Methodiken auf, sondern wendet einfache physikalische Grundgesetze im praktischen Gestaltungskontext an. Daher wieder ein durchaus gelungenes äußerst interessantes Kapitel.

Fortgeschritten Kapitel 5 und 6 – Baumdiagramme und Datenstrukturen

Dieses Kapitel gefällt mir mit großen Abstand am wenigsten. Die Grafiken und Codebeispiele sehen zwar schön aus, sind aber irgendwie alle Nichtssagend für die Zukunft. Hier hätte mir eine generelle Einführung oder Übersicht über Informationsvisualierung a la „A Tour through the Visualization Zoo“ besser gefallen. Erklärungen wie man Baumdiagramme, oder ein Layoutverfahren anwendet, empfand ich als zu speziell. Es kam ein wenig der Hauch eines Internet Tutorials hoch...

Anhang und Reflexion
Dieser Abschnitt fasst nochmal das komplette Buch in 6 Seiten zusammen. Eine schöne geschriebene Reflexion, jedoch aus theoretischer Sicht zu wenig. Die Theorie hinter generativen Gestaltung bleibt ein wenig auf Strecke.

Endresultat:
Ein super Buch für den praktischen anwendungsorientierten Einstieg in die „Generative Gestaltung“. Die Codebeispiele sind vorbildlich umgesetzt und erklärt. Ich hätte mir solch ein Buch sehnsüchtig in meiner Anfängerzeit gewünscht, und dass dann auch noch in der Muttersprache deutsch! Von der praktischen Seite her gibt es rein gar nichts zu bemängeln. Von theoretischer Seite weißt das Buch leider ein paar Schwächen auf. Zwar zeigt die Projektsammlung eine schöne Auswahl, doch die Beschreibungstexte lesen sich manchmal wie ein Klappentext. Der theoretische Kontext und die Idee geht dadurch in manchen Projekten ein wenig verloren. Als Referenz in einer Thesis oder Abschlussarbeit würde ich dieses Buch nicht unbedingt erwähnen. Dafür finde ich das Buch „Form + Code“ von Casey Reas und Weiteren angebrachter. Es erwähnt und verdeutlicht nochmals die theoretischen Konzepte hinter Computer-generierten Designs (Repeat,Transform, Parameterize, Visualize, Simulate, usw.). Dafür hat es seine Schwächen in der praktischen Umsetzung. Wer sich ernsthaft in diese Thematik der „Generativen Gestaltung“ einarbeiten möchte, sollte sich unbedingt beide Bücher antun!

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